Paul Panhuysen ist tot. Der wunderbare, vielseitig schöpferische Mensch wurde 1934 geboren, arbeitete als Lehrer, dirigierte die Geschicke einer Kunstakademie, ist Mitgründer des Macunias Ensemble, belebte zusammen mit seiner Frau Hélène die Auseinandersetzung mit medien- und grenzübergreifender Klangkunst, indem er «Het Apollohuis» 1980 gründete (bis 2001). Im vergangenen Jahr lernte ich ihn persönlich kennen und war stark beeindruckt von seiner Kunst- und Weltauffassung. Mein Nachruf hier für das Projekt «ArtOnYourScreen» am ZKM, für das ich als Kurator arbeitete und in dessen Rahmen Pauls «Pattern Primer One» quelloffen reprogrammiert wurde.
„Für Paul“ weiterlesen
Jenseits der Zeit
Viele Kunsthistoriker meinen, in Velázquez vollende sich die abendländische Kunstgeschichte. Der Maler von «Las Meninas» habe die beste Kunst überhaupt realisiert. Solche Urteile sind legitim. Gestern eröffnete eine monografische Ausstellung im Kunsthistorischen Museum, Wien. Es ist die erste große Retrospektive im deutschsprachigen Raum überhaupt. Nach einem fantastischen Wochenende in diesem wunderbaren Museum mit all diesen Spitzenwerken abendländischer Kunst war die Pressekonferenz der Höhepunkt einer Tour in die Superlative. Man verzeihe mein Schwärmen, aber selbst wenn ich mich dem Urteil der Kollegen nicht anzuschließen vermag, kann ich aus meiner Begeisterung keinen Hehl machen. Die im Rahmen der Möglichkeiten redigierte und ungekürzte Fassung meiner Rezension finden Sie daher hier.
„Jenseits der Zeit“ weiterlesen
Alphatier mit Löwenherz
Gestern erreichte mich ein offener Brief von FLATZ, ein Nachruf auf Jan Hoet, den charismatischen belgischen Kurator, dessen Tod mich ebenfalls sehr berührt hat. Die wenigen Male, die es mir vergönnt war, mit Hoet zu streiten, mich mit ihm für die Kunst zu ereifern, hinterließen nachhaltigen Eindruck. Den Worten von FLATZ lässt sich nicht viel hinzufügen, und ich danke ihm, dass ich diese hier veröffentlichen darf.
Foto: (c) Matthias Kampmann, 1992
„Alphatier mit Löwenherz“ weiterlesen
Ein Kuss aus reinem Licht
Leicht unterstellt man dem Rokoko neckische Laszivität. Und das, so will’s der Kanon, sollen die Kunstwerke, etwa von Jean-Honoré Fragonard, in Reinkultur repräsentieren. Natürlich steckt ein Fünkchen Wahrheit in diesem Klischee. Doch die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe erweitert unseren Blick auf diesen 1732 geborenen Meister.
„Ein Kuss aus reinem Licht“ weiterlesen
Okwui Enwezor ist künstlerischer Leiter der nächsten Biennale von Venedig
Okwui Enwezor, Direktor am Haus der Kunst, München, und künstlerischer Leiter der Documenta 11, ist zum künstlerischen Leiter der der 56. Biennale di Venezia (2015, Venedig, Giardini und Arsenale, 9. Mai – 22. November) ernannt worden. Paolo Baratta, Biennale-Präsident, kommentierte seine Ernennung mit den Worten: „Okwui Enwezors Forschungsschwerpunkt liegt auf dem komplexen Phänomen der Globalisierung und ihren Bezügen zur Verwurzelung im Lokalen. Seine persönliche Erfahrung ist Ausgangspunkt für das geografische Spektrum seiner Analysen, für zeitweiliges Vertiefen von jüngsten Entwicklungen in der Kunstwelt, und für Vielfalt und Reichtum der Gegenwart.“ Der 1963 geborene Enwezor rühmt die Institution: „La Biennale di Venezia ist der ideale Ort um dialektische Bezüge zu erkunden, und die Institution der Biennale selbst wird während der Vorbereitung der Ausstellung eine Quelle der Inspiration sein.“
Im Sog der Repräsentationslogik des White Cube
Im Jahr 2001 startete Michael Mandiberg seinen „Shop Mandiberg“ und erzielte in kurzer Zeit größte Aufmerksamkeit. Der Gedanke, das komplette Hab und Gut über eine für damalige Verhältnisse professionelle Oberfläche zu veräußern, hatte etwas bezwingend Widerständiges mit Blick auf den seit ca. 1997 florierenden kommerziellen Bereich des Webs. Der Ende 2001 geschlossene Internet-Laden ist immer noch zu besuchen.[1] So kann man sich beispielsweise die verkauften Artikel ansehen.
Und weiter ging es mit sehr spannenden Einfällen, etwa der Auseinandersetzung mit Appropriation Art auf „AfterSherrieLevine.com“.[2] Derlei Konzepte spiegelten die bis dato recht unausgegorene Vorstellung über den Status des Originals oder des Werkbegriffs im Allgemeinen und öffneten durch die Möglichkeit des Downloads relativ hochaufgelöster Daten die Frage nach dem Urheber selbst der Konzepte. Bin ich als User, der sich das Portfolio lädt und adäquat ausprinten lässt, diese Bilder exponiert, nicht auch Bestandteil eines kollektiven, schöpferischen Prozesses? Eine Leerstelle, die Sherrie Levine, deren Werk zum Beispiel den Zweck erfüllen sollte, die Ehrfurcht vor den in der Regel männlichen Heroen der Kunstgeschichte zu verlieren, um Bild-Autor-Relationen besser untersuchen zu können, aufgrund ihrer noch der personalen Identität des Künstler_innenbegriffs verschriebenen Konzeptualität nicht zu füllen vermochte.
Spannend gleichfalls sein „Essential Guide“ (2002), der beschreibt, wie man sich Mandibergs Identität aneignet.[3] Gleichfalls das Visualisierungsplugin, das die C02-Produktion von Reisefirmen in deren Webseiten einspiuegelte („Real Costs“, 2007), überzeugte durch ein treffsicheres Konzept in Form einer Intervention.[4] Allerdings erwecken jüngere Arbeiten den Eindruck, als habe sich der Einfallsreichtum erschöpft. Heute entstehen Werke wie „Ransom Money, 1 Million Iraqi Dinar in a Zero Haliburton Case“ von 2012[5], das auf materiell-symbolischer Ebene wie ein konventionelles Konzept kanonisch angewandter Strategien anmutet und ein schickes Objekt für den White Cube darstellt. Damit folgen derartige Arbeiten der normierten Repräsentationslogik des Kunstsystems. Eigentlich erstaunlich, wenn man an die bereits historischen Arbeiten denkt.
[1] S. http://mandiberg.com/shop/.
[2] S. http://aftersherrielevine.com sowie http://www.afterwalkerevans.com.
[3] S. http://turbulence.org/Works/guide/.
[4] S. http://therealcosts.com/.
[5] S. http://www.mandiberg.com/ransom-money/.
Heaven 7 in Obersendling
Am vergangenen Donnerstag besuchten wir die Eröffnung von „Heaven 7“, dem Gartenprojekt von FLATZ auf seiner Dachterrasse im Obersendlinger Kistlerhofareal. Hier ein paar bildliche Eindrücke.
Update 25.10.2024: Im letzten Satz hatte ich 2013 meinen Flickr-Pro-Account verlinkt. Den gibt es seit Jahren nicht mehr. Daher habe ich den Link entfernt.
Alte Meister und Allan Sekula
Im vergangenen Monat erlebte ich die wunderbare Arbeit der Kuratoren der Alten Pinakothek, München, wie sie Teile der Bestände der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in ihr Haus führten und zu einer fantastischen Ausstellung über Typologie, Präfiguration und Darstellungen des Alten Testaments zusammen komponierten. Meine Rezension unter dem Titel „Ein Netzwerk der Verheißungen“ dazu im artmagazine.cc.
Allan Sekula war ein engagierter Künstler, der ein höchst spannendes Werk hinterlässt. Er starb am 10. August. Einen Nachruf habe ich für das artmagazine.cc verfasst.
Surrealer Handelsplatz
Amazon verkauft jetzt als Zwischenhändler Kunstwerke. Eigentlich war es nicht anders zu erwarten, dass sich der Branchenriese aus Seattle diesen Markt auch noch erschließen wollte. Aber ist es ihm gelungen? Stellt diese Online-Plattform eine Alternative zu bestehenden Anbietern dar?
„Surrealer Handelsplatz“ weiterlesen
Reduktion mit politischem Teewürfel
In assoziativer Anwendung des Begriffs «Minimal» zeigt das Neue Museum, Nürnberg, eine in Teilen höchst amüsante Ausstellung mit Werken von Künstlern, die sich mit dem Geometrismus, aber auch mit der Minimal Art auseinander setzen. Die Gestaltung der Räume besorgte Gerwald Rockenschaub. Wer nach Nürnberg kommt, sollte sich die Schau nicht entgehen lassen. Hier meine Rezension fürs artmagazine.cc.